Globaler Klimastreik 29.11.19

Aus Klimastreik Schweiz
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"Green Friday statt Black Friday", Transparent am 29.11.2019 in Bern

Im nächsten Jahr sollen die Treibhausgasemissionen der Schweiz um 13% sinken. Das fordert der Klimastreik seit dem 4. nationalen Treffen und explizit am 29. November mit den Demonstrationen in 18 Schweizer Städten.

Visionen und Zivilisation

2030

Wir leben in einer Gesellschaft, in der deine und unsere Vision Realität geworden ist. Wir leben zusammen und respektieren uns gegenseitig. Wir kennen unsere Nachbarn wieder, und unterstützen uns im alltäglichen Leben. Wir haben genug Zeit, um die Welt, die Menschen und alles, was uns umgibt, wahrzunehmen. Wir wertschätzen wieder. Wir wertschätzen Mensch und Erde, wir wertschätzen unser Leben. Wir finden Ruhe und Frieden, wenn wir wollen, Lärm und Energie, wenn wir es brauchen. Wir können immer weiter unseren Traum erschaffen. Utopien sind nicht nur Utopien, sondern plötzlich realistisch. Wir leben ein Leben ohne öde Jobs, olle Alltagsroutinen und sinnlosem Konsum. Wir sind ausgebrochen aus den Zyklen. Wir haben die Ketten gesprengt, die wir uns selbst umgelegt hatten.

Grundlagen für die Zivilisation

Es gibt einige Voraussetzungen, damit das zivilisatorische Projekt der Menschheit gelingen kann (d.h. dass wir einen konstruktiven und empathischen Umgang mit Mitmenschen haben). Zivilisation funktioniert nur durch Kommunikation - indem die eigene Weltanschauung anderen Verständlich gemacht und die anderen Perspektiven verstanden werden. Damit wir den Raum finden, richtig zu kommunizieren, brauchen wir genug Überschuss an Zeit und Energie um uns darauf einlassen zu können. Diesen erhalten wir, wenn unsere physischen Bedürfnisse nach Nahrung & Wasser, Zuflucht, Wärme und Sicherheit erfüllt werden. Genau diese sind aber grundlegend bedroht, weil sich die lokalen Wetterbedingungen radikal ändern (Niederschlagsmuster, Temperatur, Windstärke, Säuregehalt, Luftfeuchtigkeit, etc) je mehr sich die Atmosphäre & das “Temperatursystem Erde” erwärmt. Konkret bedeutet das für jede Region etwas anderes. Starke Hurrikane verwüsten ganze Städte, andere werden wegen Starkregen überflutet. Inseln und Hafenstädte drohen unterzugehen, während andere Regionen schrecklichen Wassermangel und Hitzeperioden erleben. Was werden wir tun, wenn unsere Ernten verdorren, unsere Kühe verhungern, wir wegen der Hitze keine Strasse mehr betreten können? Wie werden wir auf die Millionen Menschen reagieren, die aus dem globalen Süden flüchten müssen, weil sie nicht mehr überleben können wo sie geboren wurden? Wer wird schlussendlich die letzten Mahlzeiten geniessen und das letzte Glas Wein trinken? DU? Oder doch jemand mit viel mehr Geld, der sich einen Bunker errichten und Vorräte anhäufen konnte, während du damit beschäftigt warst zu arbeiten, dich um deine Familie zu kümmern? In einer Welt der Dürren, Wirbelstürme, Hitzewellen, Wasserknappheit, Hunger und Unsicherheiten ist das Aufrechterhalten der Zivilisation - der Menschlichkeit - nicht mehr möglich.

Klimaforschung

An diesem Punkt kommt nun die Klimaforschung ins Spiel. Sie ist eines jener Fachgebiete, die am kritischsten beäugt werden. Jede Erkenntnis, jedes Forschungsergebnis und jede Zukunftsprognose wird mehrfach überprüft und analysiert. Nur die stichhaltigsten Erkenntnisse werden am Ende berücksichtigt. Trotzdem liefern Klimaforscher*innen Jahr für Jahr immer erschreckend werdendere Blicke in die Zukunft. Eine Zukunft, in der die Klimaerwärmung nicht auf wenige Grad Celsius beschränkt bleibt. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die gigantische Intensivierung des Einflusses der Menschen auf die Umwelt hat ein Mass erreicht, dass die Lebensgrundlage der Menschheit - funktionierende Ökosysteme - nachhaltig zerstört.

Klimaschutz

Der Klimawandel ist real und der Zusammenbruch diverser überlebenswichtigen Ökosysteme absehbar. Die Zerstörung hat also bereits begonnen. Aber wenn die Erwärmung der Atmosphäre 2°C überschreitet, kollabieren viele Ökosysteme endgültig und eine gerechtes, lebenswertes Dasein der Menschen wäre verunmöglicht. Deshalb ist es wesentlich, dass das Pariser Klimaabkommen eingehalten wird. Die Vereinten Nationen sollen danach streben, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich auf 1.5°C, zu beschränken. Obwohl dieses Ziel gesetzt und “vertraglich” festgehalten wurde, ist die institutionelle Politik  mit ihren aktuellen THG-Reduktionsmassnahmen auf dem Weg zu einer Klimaerwärmung von 3°- 4°C.

Emissionsbudget:

Ab Ende 2019 wird das Emissionsbudget um die Erderwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 66%[1] auf 1.5°C zu beschränken ca. 236 Gt CO2-Äquivalent[2] betragen. Bei gleich bleibenden Treibhausgasemissionen (momentan global ca. 42 Gt CO2-Äquivalent pro Jahr) wird dieses Budget im Juni 2025 aufgebraucht sein.

Klimagerechtigkeit

Die Rolle der Schweiz

Wollen wir die Schäden der Klimaerwärmung in einem ertragbarem Rahmen halten, müssen die Emissionen jetzt sinken. Der Schweiz fällt dabei eine spezielle Rolle zu. Die durch schweizer Unternehmen verwalteten Vermögenswerte, spielen eine ausschlaggebende Rolle in der finanzierung von Projekten die fossile Energien fördern (und tragen so zu einer nicht menschenwürdigen Erwärmung von 4-6°C bei). Ebenfalls ist die Schweiz der wichtigste Rohstoffhandelsplatz der Welt (mit einem Viertel des Marktanteils) und hat so erheblichen Einfluss auf diesen. Die Schweiz ist gemeinsam mit anderen Industrienationen für einen grossteil der bisherigen Emissionen verantwortlich, aber noch kaum von den Folgen der Klimaerwärmung betroffen. Die schwersten Schäden entstehen in Ländern die historisch gesehen kaum Treibhausgase emittiert haben (wie z.B. viele Inselstaaten).

Nach dem Verursacherprinzip liegt es in der Verantwortung dieser Industrienationen (und somit auch der Schweiz), zur Behebung der durch ihre Nutzung verursachten Schäden beizutragen. Das geht am effektivsten, indem diese Schäden gar nicht erst auftreten.

Netto Null Treibhausgasemissionen bis 2030

Deshalb fordert der Klimastreik, dass die Schweiz ihre Emissionen bis 2030 auf netto null reduziert, ohne die Einplanung von bisher nicht vorhandenen Kompensationstechnologien (Technologien zur CO2-Sequestrierung - also Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre - sind momentan noch nicht genügend skalierbar).

Dazu fordert der Klimastreik die Einhaltung eines Absenkpfades, damit wichtige Strukturelle Änderungen unter anderem in der Mobilität, Energiegewinnung und Landwirtschaft, nicht zu lange aufgeschoben werden, sondern jetzt initiiert werden. In den ersten 4 Jahren ab Beginn 2020 sollen die Treibhausgasemissionen der Schweiz (sowohl im Inland als auch durch importierte Güter oder durch den Finanzplatz verursacht)  um 13% pro Jahr sinken und in den folgenden 6 Jahren um jeweils 8% verglichen mit den THGE vom Jahr 2018.

Indem die Schweiz rasch ihre THGE reduziert, beansprucht sie weniger vom verbleibenden globalen Emissionsbudget. Länder mit weniger materiellem Wohlstand gewinnen dadurch mehr Zeit, ihre Emissionen zu reduzieren.

Als wohlhabendes und innovatives Land sind die dafür notwendigen Massnahmen für die Schweiz leichter umsetzbar als für die Mehrheit der Länder dieser Erde. Darum haben wir die grosse Chance und die klare Verantwortung, eine Vorreiterrolle in der globalen Klimapolitik einzunehmen.

“Low Hanging Fruits” oder wie können wir die THGE in einem Jahr um 13% reduzieren

Im Durchschnitt verursacht jede*r Schweizer*in jährlich 14t CO2-eq Treibhausgasemissionen im Inland und durch importierte Güter[3] [Bafu] (ohne Flugverkehr). Das heisst pro Person müssten die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 um 1.82 t CO2 sinken (und 13% weniger geflogen werden).

Der Klimastreik erarbeitet momentan im Rahmen des Klima-Aktionsplans mit zahlreichen Wissenschaftler*innen und unter Einbezug der ganzen schweizer Bevölkerung wirksame Massnahmen die in der Schweiz umgesetzt werden können um die 2. Forderung des Klimastreiks zu erfüllen. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite. Der Climate Action Plan wird im April fertig ausgearbeitet sein.

Verkehr

32% der Treibhausgasemissionen entstehen im Verkehr[4]. In diesem Sektor könnten die Emissionen um 15% reduziert werden, indem auf unnötige Fahrten verzichtet wird (z.B. Kinder zur Schule fahren). Da ein Drittel aller Autofahrten weniger als ein Kilometer lang ist, könnten weitere 25% der Verkehrsemissionen eingespart werden indem diese durch Spaziergänge oder Velofahrten ersetzt würden. Und 13% der Verkehrsbedingten THGE könnten eingespart werden indem die durchschnittliche Fahrzeugbelegung von 1.3 auf 1.5 Personen pro Auto erhöht wird (beispielsweise durch das bilden von Fahrgemeinschaften). [A. Gunzinger, Kraftwerk Schweiz, s.219-220]

Gebäude

Die Gebäude der Schweiz verursachen 26% der Treibhausgasemissionen. Bei 80% der existierenden Gebäude könnte durch den Einbau einer zeitgemässen Isolation 75% der benötigten Heizenergie gespart werden [A. Gunzinger, Kraftwerk Schweiz, s. 206]. Hier bedarf es staatlicher Unterstützung und Verpflichtung für Hausbesitzer*innen und Vermieter*innen.

Industrie

23% der Treibhausgasemissionen entstehen durch die Industrie (u.a. Zementherstellung).

Landwirtschaft

In der Landwirtschaft entstehen 19% der THGE der Schweiz. Um diese schnell zu reduzieren, müssen nicht die Transportwege eliminiert werden oder Bio-Produkte gekauft werden, da der gossteil der Emissionen durch Wiederkäuer (hauptsächlich Kühe) verursacht werden. Das grösste Potential bei einer Transformationen der Landwirtschaft besteht darin, grosse Flächen wieder “verwildern” zu lassen, da so das Land grosse Mengen an Treibhausgasen wieder speichern kann. Der Ersatz von Lebensmitteln durch Kühe oder Rinder (sowohl Fleisch als auch Milch) durch pflanzliche Alternativen oder Geflügel / Schweinefleisch könnte jährlich ca 6 t CO2-eq einsparen [Quelle].

Weiteres

Eine andere Methode wäre es das Fliegen zu verbieten. (2.3t CO2-eq pro Person für Flug Zürich-NYC & zurück)

Oder wir regen uns an unseren lieben Finanzinstituten ab & bewegen sie dazu, anstatt in Anlagefonds zu investieren die 167 tCO2-eq pro Million CHF verursachen, sich an Indizes zu orientieren die eine Treibhausgasreduzierte Welt abbilden - wie etwa den MSCI Low Carbon Index mit “nur” 67 tCO2-eq pro investierter Million CHF (entspricht Reduktion um ⅔ des 20-fachen THGE der Schweiz im Inland).

Anhang

  1. Das Vorsorgeprinzip verlangt bei Atomkraftwerken Wahrscheinlichkeiten von 99.999%, dass kein Unfall geschehen kann. Im Rahmen der Klimaerwärmung macht es keinen Sinn mit diesen Wahrscheinlichkeiten zu rechnen, weil dafür unser Emissionsbudget schon längst verbraucht ist. Also auch wenn wir nicht mehr Treibhausgase emittieren als dieses Budget zulässt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erde um mehr als 1.5°C erwärmt, bei 33%.
  2. Berechnung Emissionsbudget 2019 Laut dem SR15 des IPCC war das Emissionsbudget, um die Klimaerwärmung auf 1.5°C zu beschränken, Ende 2017 bei 420 Gigatonnen CO2-äquivalent [im folgenden Gt CO2-eq]. Abzüglich der globalen Treibhausgasemissionen (THGE)von 2018 und den voraussichtlichen THGE von 2019 (je ca. 43 Gt CO2-eq) und den THGE durch schmelzenden Permafrost und von Feuchtgebieten (100 Gigatonnen CO2-Äquivalente), haben wir jetzt im Jahr 2019 wir nur noch ein Emissionsbudget von 234 Gigatonnen CO2-eq (mit einer Unsicherheit von ±650 GtCO2, vgl.). Bei gleich bleibenden THGE wird dieses Budget von 246 Gt im Jahr 2025 aufgebraucht sein.
  3. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/inkuerze.html
  4. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/inkuerze.html